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Themen:
Einleitung
1. Performanz
2. Lesbarkeit
3. Frames
4. Seitenlänge
5. Orientierung
6. Navigation
7. Seitenfuß
8. Hyperlinks
9. Konsistenz
10. URLs
Literatur

10 wichtige Leitlinien für die Gestaltung von ergonomischen WWW-Informationssystemen

6. Navigation

Der Begriff Navigation bezeichnet bei Hypertext-Systemen die Tätigkeit, die ein Benutzer ausführen muß, um gewünschte Informationen zu finden. Informationen im Hyperspace zu sammeln kann teilweise schwerer sein als bei konventionellen sequentiellen Texten, da ein Hypertext-Dokument gewöhnlich mehrere Links, und so auch mehrere Möglichkeiten der Navigation, anbietet.

Hinzu kommt, daß in einem reinen Hypertext, der lediglich assoziative Links besitzt, das zielgerichtete Suchen nach Informationen nur schwer möglich ist. Hypertext-Links verweisen zwar auf weitere Informationen zu einem Thema; aber überhaupt erst einmal Dokumente zu einem Thema zu finden kann ein Problem für Benutzer darstellen. Die Ursache hierfür liegt in der fehlenden semantischen Struktur eines reinen Hypertextes begründet. Er bietet lediglich assoziative Relationen zueinander, weist aber keine Gliederung auf. Die inhaltliche Gliederung in Abschnitte und Kapitel ist eine von konventionellen Dokumenten her bekannte Methode, um Informationen zugreifbar zu machen. Ebenso wie ein Sachbuch ohne eine solche Gliederung kaum denkbar, geschweige denn nützlich wäre, muß auch ein Hypertext eine für die Benutzer verständliche und überschaubare Struktur aufweisen.

Da die Benutzer unterschiedliche Gewohnheiten, Fähigkeiten und Aufgaben haben, gehen sie bei der Navigation unterschiedlich vor. Dies macht es unmöglich, eine für alle Benutzer sinnvolle Struktur zu finden, weshalb ein ergonomisches Hypertext-System weitere Navigationsmöglichkeiten bietet.

Im Vergleich mit den meisten anderen Hypertext-Systemen bietet das WWW nur wenige Navigationshilfen. Die einzige systemimmanente Navigationsmöglichkeit sind die Hyperlinks des WWW. Die WWW-Browser bieten zudem einige Hilfsmittel, wie das Zurückkehren zu vorher besuchten Seiten ("Backtracking") und das Vermerken wichtiger Dokumente in einer "Bookmark-Liste". Weitere Funktionen, wie beispielsweise eine Suche nach Begriffen oder ein alphabetischer Index, müssen - mit gewissem Aufwand - auf Server-Seite bereitgestellt werden. Eine Erweiterung des Funktionsumfangs der WWW-Clients ist nur recht eingeschränkt möglich, da viele der Navigationsmöglichkeiten im Hypertext den direkten, schnellen Zugriff auf die Dokumentdatenbank (und eine Linkdatenbank) benötigen. Einige Navigationshilfen wiederum sind nicht maschinell erstellbar, sondern erfordern das substantielle Wissen der Autoren. So gesehen ist das WWW aus Hypertext-Sicht ein ziemlich magerer Prototyp, der von den meisten anderen Hypertext-Systemen in puncto Bedienung klar in den Schatten gestellt wird.

Empfehlungen

A. Lokale Navigationshilfen

Da das WWW nur sehr eingeschränkte Navigationsmöglichkeiten anbietet, müssen die Autoren eines WWW-Servers selbst darauf achten, daß die Informationen für die Benutzer schnell und einfach zugreifbar sind. Folgende Punkte ist die Aufmerksamkeit zu schenken:

  • Informationen nach Benutzeranforderungen gliedern
    Um nach Informationen auf einem WWW-Server systematisch zu suchen, müssen die Informationen strukturiert werden. Die bei Computer-Informationssystemen bewährtesten Gliederungsformen sind die sequentielle (in thematischer oder alphabetischer Reihenfolge) und die hierarchische Gliederung (als Baum oder Graph). Die hierarchische Gliederung bietet vor allem für Systeme mit vielen Objekten erheblich bessere Möglichkeiten, da man über die Zusammenfassung von Objekten zu Gruppen und Untergruppen einen kompakteren Überblick über die angebotenen Informationen geben kann. Ein bei der Strukturierung eines WWW-Servers oft begangener Irrweg ist, daß er die Struktur der Organisation, die dahinter steht, widerspiegelt. Es sollte besser eine aufgabenangemessene Gliederung mit Hilfe von Benutzern gefunden werden. Ein geeignetes Vorgehen hierfür ist, die anzubietenden Themen auf Karteikarten zu schreiben und diese Karten von Benutzern in Gruppen zusammenfassen zu lassen.
  • Menüs
    Bei den meisten Programmen mit grafischer Oberfläche hat sich die Auswahl von Funktionen oder Informationen aus Menüs (z.B. Pulldown-Menüs) bewährt. Weil Benutzern von daher der Umgang mit Menüs vertraut ist, bereiten sie ihnen meist keine Probleme. Die Qualität eines Menüsystems ist nicht nur entscheidend von der Qualität der Gliederung, sondern auch von den Menütiteln abhängig. Dabei sind die Einbeziehung der Benutzer beim Aufbau der Menüs obligatorisch, um eine hohe Ergonomie zu gewährleisten. Eine Möglichkeit, die Qualität zu testen, ist der "Thinking aloud page walkthrough". Es werden unbefangene Benutzer befragt, was sich ihrer Meinung nach hinter den einzelnen Menütiteln verbirgt.
  • Die Volltext-Suchfunktion
    Ein wichtiges Mittel der Navigation in großen Hypertext-Systemen sind Suchindizes. Sie ermöglichen es, im Hyperspace Dokumente nach Angabe eines Suchwortes zu finden. Von den gefundenen Objekten aus können die Benutzer dann über assoziative oder strukturelle Verweise zu weiteren Seiten gelangen, bis alle gewünschten Informationen gefunden wurden. Dies macht eine Suchfunktion gerade beim Hypertext sehr effizient. Bei mehreren Benutzbarkeitstests beobachtete der Autor, daß Benutzer besonders gerne auf die Suchfunktion zurückgriffen, wenn sie die gewünschten Informationen nicht auf Anhieb über die Menüstruktur finden konnten. Diese zentrale Bedeutung macht eine Suchmaschine auch für lokale Server wichtig.
  • Der Index
    Über den alphabetischen Index ist es möglich, auf besonders wichtige Informationen direkt zuzugreifen. Ein Buch ohne Index ist oft nur die Hälfte wert, da ein wichtiges Werkzeug fehlt, um wesentliche Informationen schnell zu finden. Wenn sich ein Benutzer in der Struktur eines WWW-Servers nicht zurechtfindet, so gibt ihm ein Index der Seiten die Möglichkeit, auf alphabetischem Wege auf die gesuchten Informationen zuzugreifen.
  • Navigations- von Informationsseiten trennen
    Eine Trennung von Menü- und Informationsseiten vereinfacht die Navigation, da die jeweiligen Seiten kürzer werden und ihre Funktion dem Benutzer deutlicher wird. Beispielsweise sollte die Homepage eines Systems außer den Startpunkten zur Navigation kaum Informationstext (wie die Adresse oder die Geschichte der Organisation) enthalten, da sonst auch regelmäßige Benutzer hier immer wieder Informationen angeboten bekommen, die sie nicht benötigen.
  • Mehrere Navigationsmöglichkeiten bieten
    Besonders beim WWW, wo Informationen global zugreifbar sind, ist es schwer, die Benutzer klar zu definieren. Es können Menschen mit sehr unterschiedlichen Gewohnheiten, Fähigkeiten und Aufgaben das System verwenden. Um ihnen allen gerecht zu werden, sollte ein gutes System möglichst mehrere Navigationsmöglichkeiten bieten.

B. Navigationshilfen auf einzelnen Seiten

Da das WWW von sich aus nicht die Möglichkeit bietet, von beliebigen Seiten aus zur Homepage und anderen wichtigen Seiten eines Systems zu gelangen, müssen diese Navigationswege durch Links auf jeder Seite vom Autor selbst angeboten werden. Ist dies nicht der Fall, kann es leicht passieren, daß ein Benutzer in einer "Sackgasse" landet, von der aus er nicht weiterkommt.

Links zu folgenden Seiten eines WWW-Servers sollten aus diesem Grund auf jeder Seite des Servers zu finden sein:

  • Zur Homepage des Systems
    Die Homepage ist von zentraler Bedeutung, da man normalerweise hier mit der Navigation beginnt.
  • Zu übergeordneten Seiten
    Viele Benutzer gelangen über Querverweise oder globale Suchmaschinen direkt zu Informationsseiten eines WWW-Servers. Verweise zur übergeordneten Seite in der Hierarchie helfen, die lokale Orientierung zu gewinnen.
  • Zu den wichtigsten Navigationshilfen des Systems
    Damit Benutzer während der Arbeit mit einem WWW-Server schnell eine neue Suche beginnen können, sollten ihnen auf allen Seiten direkte Links zu der Suchmaschine und dem alphabetischen Index angeboten werden.


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Erstellt: Juni-September 1997
Letzte Änderung: Freitag, 14-Jan-2000 durch Harald Weinreich
EMail:weinreich@informatik.uni-hamburg.de

http://vsys-www.informatik.uni-hamburg.de/ergonomie/navigation.html